Abstrakt

…Die Farbflächen und Linien stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Es treten häufig große blockhafte Farbflächen auf, die durch Linien miteinander verbunden in eine Art Balanceakt oder Schwebezustand gehalten werden. Oft konzentrieren sich diese blockhaften Flächen zum Rand hin. Die Farbe ist in den seltensten Fällen deckend aufgetragen. Mal ist die Farbe undurchdringlich, mal transparent, so dass Durchblicke auf die darunterliegenden Schichten gewährt werden. Die Farbflächen sind nicht homogen, sondern leben von der Spannung zwischen wildem Dickicht und leichter Transparenz.

(...) Es entsteht der Reiz diesen geheimnisvollen Farbschleier zu durchdringen, das Glas zu durchbrechen oder beiseite zu schieben, um ins Innere der Malerei vorzudringen. Die entgegentretende Farbfläche wird zum sphärischen Farbraum, der sich als Erlebnisraum darbietet, das Dickicht aus Farbwolken, -schlieren und Gehauchtem zu durchwandern. Einen Moment lang, so von der Künstlerin im Bann ihres geschaffenen Interieur gehalten, wird die Unmöglichkeit deutlich, bis zum Malgrund vorzudringen. Die Erlebnisebene der Malerei von Christine Eichholtz ist das Zwischenreich, zwischen Innen und Außen. Es handelt sich weder um eine Innere, gar Traumwelt, noch um die Außenwelt, sondern gemeint ist der Ort der Haltungen und Standpunkte, der Ort des kritischen Geistes: pathetisch formuliert, das Reich der Seelen. Das griechische Wort für Seele 'pneuma' ist auch das Wort für Hauch, daher auch unsere deutsche Formulierung ``etwas Leben einhauchen``. Die transparenten Farbflächen im Zentrum Christine Eichholtz Bilder lösen sich auf und ziehen sich wieder zu, wie Nebel, dicke Luft. Ihre Bilder scheinen diese Luft aus kritischem Geist auszuatmen. Kunstbetrachtung wird zur lebensnotwendigen Atemübung oder lebenserhaltenden Beatmung.

Dr. Viola Michely